Von Einleben kann noch lange keine Rede sein

Josef Oster berichtete beim CDU-Ortsverband von den ersten Wochen in Berlin – Oliver Krügel löst Dirk Wiedenhues als Vorsitzender ab

Bad Ems. Ein wenig spiegelte der Versprecher wider, wie frisch die Erinnerungen noch sind: Als Oliver Krügel, der Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Bad Ems, Josef Oster als Gastredner des politischen Weihnachtsessens begrüßte, hieß er versehentlich „unseren neuen Bundestagskandidaten“ willkommen, korrigierte sich umgehend – und kündigte einen „exklusiven Vortrag über die ersten turbulenten Wochen in Berlin“ an. Den hörte man dann auch und erfuhr bei dieser Gelegenheit, dass besagte turbulente Wochen rund um den bis dato erfolglosen Versuch einer Regierungsbildung für einen neuen Bundestagsabgeordneten wie Josef Oster in gewisser Hinsicht gar nicht so schlecht sind.

Denn, so erzählte der Bad Emser Ex-Verbandsgemeindebürgermeister: „Ich werde häufig gefragt, ob ich mich in meiner neuen Funktion schon eingelebt habe. Aber es ist ja nicht nur eine neue Funktion, sondern ein komplett neues Leben. Von Einleben kann da noch lange keine Rede sein.“ Was denn alles so neu und anders ist? „Als Bundestagsabgeordneter repräsentiere ich nicht mehr die Verbandsgemeinde Bad Ems im Wahlkreis, sondern den Wahlkreis und ein Stück weit auch das Land Rheinland-Pfalz auf Bundesebene. Das ist eine spannende Aufgabe“, sagte Oster und schob nach: „Gleichwohl haben mich meine Erfahrungen auf kommunaler Ebene geprägt und werden es auch weiterhin tun.“ Er sei „unheimlich viel unterwegs“, beschrieb Oster seinen neuen Arbeitsalltag, pendle häufig zwischen Berlin und dem Wahlkreis – und damit gewissermaßen zwischen zwei Welten. „Im Wahlkreis bin ich einer von nur zwei, in Berlin dagegen von insgesamt 709 Bundestagsabgeordneten“, verdeutlichte er. Immerhin ist er einer der wenigen „Neuen“, die bereits büroversorgt sind. In Berlin unterstützen ihn die von seinem Vorgänger Michael Fuchs übernommene Mitarbeiterin Ulla Steger und der Nieverner Jürgen Zanger als Pressereferent, im Wahlkreisbüro in Koblenz der Bechelner Ortsbürgermeister Patrick Becker. Wie alle Bundestagsneulinge habe er auch eine Wunschliste für die Ausschüsse abgegeben, die im Januar nach der bisherigen Parteienkonstellation gebildet werden sollen: „Ich habe mich für den Innenausschuss gemeldet, da sich die Themen nahe an der Kommunalpolitik bewegen, und für den Verteidigungsausschuss, weil Koblenz der zweitgrößte Bundeswehrstandort in Deutschland ist.“

Klingt soweit relativ unspektakulär. Aber natürlich drehte sich der Abend auch um das von der Gesellschaft für deutsche Sprache jüngst gekürte Wort des Jahres 2017: Jamaika-Aus. In der CDU-Fraktion würden sehr viele das Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen bedauern, so Oster: „Mit der am Boden liegenden SPD werden die Verhandlungen sehr viel schwieriger sein.“ Da die Sozialdemokraten kein Interesse an Neuwahlen haben könnten, werde es seiner Einschätzung nach zwar zu einer Neuauflage der GroKo kommen. „Aber der Preis, den wir dafür zahlen müssen, ist um einiges höher als der, den wir für Jamaika hätten zahlen müssen“, prognostizierte Oster. Die Vokabel „Minderheitenregierung“ klinge zwar charmant, weil sie die Bedeutung des Parlaments hervorhebe. Aber: „Spätestens, wenn der erste Haushalt verabschiedet werden müsste, würde sich herausstellen, dass sie nicht praktikabel ist. Außerdem wären wir relativ oft darauf angewiesen, mit Stimmen der AfD Mehrheiten zu gewinnen.“

Logisch, dass es bei dem politischen Weihnachtsessen nicht nur um die „große“ Politik ging. Sondern zum Beispiel auch darum, dass die Bad Emser CDU auf einen Generationenwechsel zusteuert: Zum 1. Januar wird Oliver Krügel von Dirk Wiedenhues den Vorsitz der CDU-Stadtratsfraktion übernehmen. Erst im vergangenen Mai hatten die Bad Emser Christdemokraten den 32-Jährigen als Nachfolger von Frank Hochegger, der jetzt sein Stellvertreter ist, zum Vorsitzenden des Ortsverbands gewählt. Und: Der Ortsverband freut sich über fünf neue Mitglieder, von denen mit Viktor Denk (38), Mesut Mustafa Kaymaz (23), Tim Keller (19) und Marcel Neuhaus (16) vier unter 40 Jahre alt sind. Fünfter im Bunde ist Heiko Rohde, der bei dem Treffen allerdings nicht dabei sein konnte.

Übrigens, die 40 Jahre waren noch in anderer Hinsicht von Bedeutung. Bei der Ehrung langjähriger, verdienter Mitglieder nämlich: Seit vier Jahrzehnten gehören Christel Justi, die aus familiären Gründen ebenfalls nicht kommen konnte, und Wolfgang Lotz, der Mitgliederbeauftragte des Ortsverbands, der Bad Emser CDU an.

Zurück- und vorausgeblickt

Bei einem Treffen kurz vor Jahresende ziemlich naheliegend: Beim politischen Weihnachtsessen des CDU-Ortsverbands Bad Ems standen auch ein Jahresrück- und -vorausblick auf dem Programm. Von der Rathauserstürmung über den Wahlkampf bis zu Josef Osters Verabschiedung als VG-Bürgermeister ließ der Ortsverbandsvorsitzende Oliver Krügel die „Highlights“ anno 2017 Revue passieren. Die Fusion der Verbandsgemeinden Bad Ems und Nassau sowie die nächste Kommunalwahl skizzierte er als die großen Aufgaben der Jahre 2018 und 2019. ubl

Foto: Der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Oliver Krügel (rechts), der Mitgliederbeauftragte Wolfgang Lotz (links) und der Bundestagsabgeordnete Josef Oster (2. von links) hießen die neuen Mitglieder (von links) Marcel Neuhaus, Viktor Denk, Tim Keller und Mesut Mustafa Kaymaz willkommen. Nicht dabei sein konnte Heiko Rohde, ebenfalls ein neues Mitglied des CDU-Ortsverbands Bad Ems. Foto: Ulrike Bletzer

Ulrike Bletzer, RZ Rhein-Lahn-Kreis (West) Bad Ems vom Donnerstag, 28. Dezember 2017, Seite 13

Cookie Consent mit Real Cookie Banner