So erging es dem Direktkandidaten unseres Wahlkreises in den ersten Wochen in der Hauptstadt
Koblenz/Berlin. Den Start in Berlin hatte sich Josef Oster sicher anders vorgestellt: Jamaika-Gespräche gescheitert, Neuwahlen stehen im Raum. Doch der Neu-Abgeordnete sieht die aktuelle Lage als Herausforderung – als eine hochspannende Phase, die für die Bundesrepublik völlig neu ist. Eine solche Ausnahmesituation als Neuling mitzuerleben, hat die ersten Wochen des Koblenzers zu einer sehr intensiven Zeit werden lassen.
Ein Neustart ist es für Josef Oster persönlich aber so oder so. Am 24. September gewann er als Direktkandidat den Koblenzer Wahlkreis – und am 25. September hatte er schon seinen ersten Termin in der Hauptstadt. „Da war die erste Sitzung der CDU-Fraktion“, erzählt er, eine riesige Veranstaltung, 246 Abgeordnete plus diejenigen, die nach der Wahl ausgeschieden sind. „So etwas gibt es in der Lokalpolitik nicht.“
Wie nah die Macht jetzt wirklich ist, hat Josef Oster spätestens gespürt, als er sein Telefon in seinem neuen Büro in Berlin umprogrammieren wollte. Auf irgendeine Taste muss er dabei versehentlich gekommen sein, jedenfalls tutete es auf einmal – und am anderen Ende hob Außenminister Sigmar Gabriel ab. Der war gerade auf dem Klimagipfel in Bonn und etwas überrascht, dass der neue Koblenzer Bundestagsabgeordneten seine Handynummer hatte, aber sehr freundlich.
Oster hat nicht nur einen neuen Beruf, sondern auch ein ganz neues Leben. War er bislang Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems, so vertritt er nun als Nachfolger von CDU-Urgestein Michael Fuchs den Wahlkreis Koblenz in Berlin. Lag sein Büro vorher in einer pittoresken Kurstadt mit knapp 10 000 Einwohnern, so befindet sich sein neues Büro in der Bundeshauptstadt im Paul-Löbe-Haus mit Blick auf den Reichstag.
Alles ist eine Nummer größer hier, das ist für Oster nicht ganz neu. „Zumindest habe ich schon mal als Mitarbeiter in Berlin gearbeitet“, der gebürtige Zeller war bis Ende 2001 Referent und Büroleiter des Abgeordneten Peter Bleser. Die weiten Gänge, die großen Säle, die vielen Gebäude kennt Oster schon. Und dass man oft Menschen auf dem Flur begegnet, die man bislang vor allem aus den „Tagesthemen“ kennt, auch. Aber: „Jetzt bin ich ein Teil davon“ – und das war früher anders.
Mit der Kanzlerin hatten er und die 47 anderen neuen CDU-Bundestagsabgeordneten schon einen Empfang zum Start. Hier gab es Tipps von der Chefin: nicht über jedes Stöckchen springen, das einem jemand hinhält, keine internen Diskussionen weitertragen, erst mal solide Facharbeit machen und sich nicht in den Mittelpunkt drängen.
Heute kommt der Bundestag erst zu seiner zweiten Sitzung zusammen – und inhaltliche Arbeit war bisher noch nicht wirklich möglich. Die erste Sitzung des neuen Bundestags hätte sich Josef Oster übrigens etwas feierlicher vorgestellt. „Tatsächlich stehen die Abgeordneten vor den Türen zum Plenarsaal, und wenn die aufgehen, stürmen alle rein und suchen sich einen möglichst guten Platz“, erzählt er mit einem Lachen, „ein bisschen wie früher am ersten Schultag.“ Stammplätze gibt es nur vorn, wo Minister und Co. sitzen, hinten wird bei jeder Sitzung aufs Neue ein Platz gesucht.
Richtig losgegangen ist die Arbeit aber noch nicht. Die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition überragten alles. Den Stand bekamen die Abgeordneten lediglich in Positionspapieren mit, und in den Fraktionssitzungen wurde viel diskutiert. „Einen richtigen Alltag gibt es aber noch nicht“, sagt Oster. Zumindest aber sein Berliner und sein Koblenzer Büro sind inzwischen einsatzbereit. Mitarbeiter hat Oster gefunden, Räume eingerichtet: „Ich bin als Abgeordneter voll arbeitsfähig.“ Das hat aber auch bis jetzt gedauert.
Wenn die neue Regierung gebildet ist, wird auch klar sein, in welchem Ausschuss er arbeiten wird. „Gern würde ich in den Innenausschuss gehen, mich interessieren die Themen Kommunales und innere Sicherheit besonders“, sagt Oster. Äußern kann er diesen Wunsch zwar, die Entscheidung wird aber letztlich an anderer Stelle getroffen.
Eine Wohnung in der Hauptstadt sucht er noch – aber das gestaltet sich gar nicht so leicht. Zurzeit schläft er noch im Hotel, wenn er in Berlin ist. Hat der Bundestag seine Arbeit richtig aufgenommen, will er eine Woche in Berlin sein und die andere im Wahlkreis. Aber auch wenn Berlin eine spannende Stadt ist, „sehe ich meinen Lebensmittelpunkt nicht in einer so großen Stadt“. Der sei weiterhin in Koblenz, wo er mittlerweile lebt.
Mit Blick auf den Bundestag: Josef Oster, der Direktkandidat für den Wahlkreis 199, bezieht sein neues Büro in Berlin.Foto: Wahlkreisbüro Josef Oster
Stephanie Mersmann, RZ Frühausgabe vom Dienstag, 21. November 2017, Seite 17 (0 Views)